15.01.2009 10:36 (Kommentare: 0)
OSTSEE-ZEITUNG.DE | Donnerstag, 15. Januar 2009 | Aus der Nachbarschaft
In Greifswald gab’s jetzt ein Gesprächsforum mit brisantem Thema. Ziel war es, über das neue Schulgesetz des Landes aufzuklären.
Greifswald Erstaunen machte sich breit in der Aula der Greifswalder Erwin-Fischer-Schule, nachdem mehrere Elternvertreter Tacheles redeten. Wer bis jetzt immer noch glaubte, das die Schulgesetznovelle in ihrer jetzigen Form lediglich negative Auswirkungen auf Schulen in freier Trägerschaft hätte, sah sich getäuscht. Sabine Tiedje, stellvertretende Schulelternratsvorsitzende des Jahngymnasiums und Mitglied im Stadtelternrat, wartete mit vielen Zahlen auf, die Müttern und Vätern die Augen öffneten: „Schule soll in diesem Land nur noch unter dem Haushaltsvorbehalt stattfinden – praktisch je nach Kassenlage. Und das trifft alle Schulen, nicht nur die freien“, sprach Tiedje Klartext. Die „selbstständige Schule“, wie sie das neue Gesetz vorsehe, sei lange überfällig, deshalb zu begrüßen. Allerdings stimmten die finanziellen Voraussetzungen dafür überhaupt nicht, seien die Berechnungen undurchschaubar und verwehrten den Schulen Planungssicherheit. Die beabsichtigte schülerbezogene Zuweisung (im Gegensatz zur jetzt gültigen klassenbezogenen) führe zu noch größeren Klassen mit insgesamt weniger Mitteln für Personal- und Sachkosten und unterm Strich zu weiteren Schulschließungen. „Die Schulen sollen selbstständiger werden, bekommen aber keine Stunden für diese Verwaltungsarbeit“, kritisierte Prof. Roland Rosenstock von der Schulbewegung einen weiteren Aspekt des Gesetzentwurfs und bezeichnete den als Augenwischerei: „Das Land nimmt ganz eindeutig Geld aus dem Bildungssystem heraus, aber es kommt nicht wieder herein.“
Auch Gastgeberin Heike Kagel, die sich als Vorstandsmitglied des Schulleiterverbandes MV äußerte, fand deutliche Worte: „Natürlich möchte ich die selbstständige Schule. Aber nicht unter diesen Bedingungen!“ Die Finanzzuweisung ginge eindeutig zu Lasten der Schüler, bringe keinerlei Verbesserungen für die Lehrer, die nach wie vor auf der Basis des Lehrerpersonalkonzepts gezwungen seien, „stunden- oder tageweise zu wandern.“ Mit Kollegen, die mal an dieser, mal an jener Schule unterrichten, sei aber nur schwer selbstständige Schule zu gestalten. Handele es sich dabei noch um Klassenlehrer, „leiden auch die Schüler darunter“, weiß Heike Kagel. Hinzu käme die wachsende Bürokratie: „Früher hatte ich nur das Schulverwaltungsamt als Ansprechpartner. Heute muss ich bestimmte Themen mit dem Immobilienverwaltungsamt klären, andere mit dem Grünflächenamt und wieder andere mit dem Stadtbauamt“, sagte die Schulleiterin der IGS „Erwin Fischer“ und sieht dringenden Handlungsbedarf.
Nach zwei
Stunden stand fest: Die Schulbewegung macht weiter mobil für eine
bessere Bildung aller Kinder im Land, plant deshalb auch für den 28.
Januar eine große Demo vorm Schweriner Landtag. „Wir müssen viel mehr
Eltern aufklären, denn die meisten wissen immer noch nicht, was da
läuft“, so Vereinsvorsitzende Uta Metzner. Dass Eltern etwas bewegen
können, ist mittlerweile klar: „Das Vertagen der 2. Lesung der
Schulgesetznovelle haben Eltern auch erreicht. Sie haben eine enorme
Macht“, verdeutlichte den Anwesenden Prof. Rosenstock.
PETRA HASE
Eltern planen Demo
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